Think Contao – Ein Interview mit Thomas Weitzel

Bild eines Mikrofons als Symbol für InterviewNetzwerken. Für mich manchmal ein Reizthema, denn egal ob Xing oder FB oder sonst wo – auf „ich möchte dein Freund“ sein kann ich allergisch reagieren, wenn es dabei nur um eine verdeckte Kaltakquise geht. Die Menschen, mit denen ich netzwerke, möchte ich kennen. Natürlich geht das nicht bei jedem persönlich, aber mal was zusammen gearbeitet zu haben, sich vielleicht mal hier und da gegenseitig geholfen zu haben und ein Draht zueinander, so viel muss schon sein.

Von daher habe ich nicht so arg viele Netzwerkpartner, was u.U. auch daran liegen mag, dass ich eher ein Typ bin, den man ansprechen muss . Umgekehrt tut sich da nur in Ausnahmefällen was. Von einem, den ich gerne zu meinen Netzwerkpartnern zähle, möchte ich aber heute mal berichten und der Abwechslung halber in diesem Blog ein kleines Interview veröffentlichen. Die Rede ist von Thomas Weitzel, Webdesigner aus Stuttgart – www.weitzeldesign.com der hilfsbereit und stets freundlich im Contao-Forum zugegen ist und der mir in meinen Anfängen als auch heute noch schon so manch guten Tipp gegeben hat.

Meine erste Frage an dich Thomas.
Wann hast du Contao entdeckt, mit welchen Systemen hast du vorher gearbeitet und was hat dich bewogen dich näher mit Contao zu beschäftigen?

Hallo Jutta,
vielen Dank für die Einladung zu diesem Interview.
Ich habe Contao entdeckt, also es noch TYPOlight hieß. Das war im Herbst 2006, als ich wieder mal nach einer Phase von Test-Installationen verschiedenster OpenSource CM-Systeme, auf TYPOlight aufmerksam gemacht wurde. Zuvor hatte ich eine Zeit lang mit phpWCMS gearbeitet.
Neben dem visuellen Eindruck, den die damalige Website und das Backend des Systems machten, war die durchgängige und konsequente Bedienung überzeugend. Besonders die Möglichkeiten der granularen Rechtevergabe, schon in der damaligen Version TYPOlight 2.x integriert, war für mich eine „Befreiung“ und ein Schritt weiter. Somit konnte man nicht nur selbst für Kunden die Inhalte der Website pflegen, sondern nun auch Kunden direkt mit dem System arbeiten lassen.
Weiterhin war für mich ausschlaggebend, dass die eingebrachten Vorschläge zur Verbesserung und Optimierung des CMS Anklang beim Entwickler fanden – und auch heute weiterhin finden.Zudem war sehr schnell klar: Hier musst du dich nicht ewig mit dem Bedienen des Systems beschäftigen, dafür aber um so mehr mit CSS, um zu guten Ergebnissen zu kommen. Der Abschied der Layouttabellen war eingeläutet…

Ja, Contao hat viele Vorteile und da du schon über 4 Jahre dabei bist, konntest du die rasante Entwicklung mit verfolgen. Wie sieht es heute bei dir mit der Erstellung von Webseiten aus? Hat sich deine Arbeitsweise durch Contao verändert?

Ja, die Arbeitsweise hat sich verändert. Besser gesagt in vielen Bereichen vereinfacht. Nicht, dass man sich nun etwas zusammen klickt, aber es bleibt aufgrund eines soliden Fundaments durch Contao mehr Zeit für Konzeption und Gestaltung. Auch durch die wachsende Anzahl an zusätzlichen Erweiterungen – Dank engagierten Entwicklern von Erweiterungen – lässt sich das CMS Contao an viele Bedürfnisse anpassen.

Ein Beispiel: Durch die konsequenten Vorgaben von CSS-IDs und -Klassen für Inhaltselemente und Module sind diese im Laufe der Zeit geläufig und die Umsetzung von Designs gelingt zügig.
Hat man das Grundprinzip von Contao verstanden, stehen viele Möglichkeiten einer erfolgreichen Umsetzung einer Website zur Verfügung.

Dass man erleichtert mehr Zeit hat sich um Konzept und Gestaltung zu kümmern und entspannter an die Umsetzung einer Seite herangehen kann, kann ich nur bestätigen. Dennoch: Jeder Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Wie siehst du den Einstieg oder Umstieg auf Contao? Wie sollte jemand, der noch nicht mit dem System gearbeitet hat, am besten an die Sache ran gehen?

Prinzipiell: Geduld und Zeit mitbringen. Auch wenn man Contao entdeckt und gleich loslegen möchte, kann ich jedem den Tipp geben: Ausprobieren und lesen, lesen, lesen. Sei es im Forum mit vielen hilfreichen Köpfen, sei es die Online-Dokumentation oder die nun doch zahlreich erschienenen Bücher und Videos zu Contao.

Jeder hat eine andere Art und Weise, Neues aufzunehmen und zu lernen. Auch wenn man – wie ich zuvor – mit einem anderen CMS gearbeitet hat, ist die Lernkurve deswegen nicht zwingend flach.
Wichtig ist, sich mit den Methoden von Contao zu beschäftigen: Wie baut man ein Seitenlayout auf, was sind Module, was Erweiterungen. Dann bekommt man ein Gefühl und das notwendige Wissen, wie die Dinge zu „verdrahten“ sind.
Seit der Einführung der Themes mit Contao 2.9 kann man sich auch eines der freien Themes installieren und anhand dieser den Aufbau studieren – oder die Beispiel-Installation mit dem Theme Music Academy.
Und man wird im Laufe der Zeit sicher noch das eine oder andere Highlight in Contao entdecken, mit dem das Erstellen und Bearbeiten von Websites einfacher und effizienter von der Hand geht.

Weil ich seinerzeit einfach ins kalte Wasser gesprungen bin und schon einen Auftrag hatte, aber das System noch nicht kannte, kann ich an dieser Stelle auch empfehlen, eine Investition in Form von einer bezahlten Schulung zu tätigen. Für mich war das vor 2 Jahren ein Turbo-Einstieg und Ausgaben, die sich bezahlt gemacht haben.
Thomas, wenn du Kunden am System schulst, wie gehst du dabei vor? Wo fängst du an und auf was legst du besonderen Wert?

Zunächst interessiert mich die Motivation und der Hintergrund einer Person, die eine Schulung wünscht. Bei Kunden, die im Rahmen eines Webprojektes eine Schulung buchen, liegt der Schwerpunkt in der Regel auf einer Schulung für Redakteure. Bei Personen, die Contao selbst administrieren möchten, greifen die Themen entsprechend detaillierter und tiefer.
Die Basis ist in der Regel ein kurzer Überblick über Contao, die Geschichte des CMS, die möglichen „Anlaufstellen“ für Fragen wie das Forum oder das Wiki. Also eine Orientierung, wo man eigenständig Hilfe und Unterstützung finden kann – auch nach einer Schulung.

Je nach Hintergrundwissen und Erfahrung mit dem Medium Internet beginnt der Inhalt dann mit den Voraussetzungen, um Contao zu installieren – u.a. auch der geeigneten Hosterwahl.
Oft empfehle ich auch anhand eines konkreten Projektes eine Schulung, wo dann die Umsetzung eines Layouts in Contao anhand des Designs besprochen und umgesetzt wird. Hieraus ergeben sich dann in der Regel viele kleine, aber entscheidende Fragen, die bei einer erfolgreichen Umsetzung bedacht und berücksichtigt werden müssen.

Wie setze ich das Design / Layout nun um? Wie „zerlege“ich die Elemente in „Contao-Häppchen“?
Für welche Funktion benötige ich welches Modul und was muss ich dabei beachten?
Wichtig finde ich, dass die Atmosphäre stimmt und man sich auf die Person / Personen voll und konzentriert einlässt, und dass die Schulungsteilnehmer Zeit haben, sich mit Contao auseinander zu setzen und direkt Rückfragen stellen können. Je nach Anforderung und Hintergrundwissen der Person / Personen, versuche ich die Schulungen in mehrere Teile aufzuteilen. Meist „raucht“ nach 4 intensiven Stunden der Kopf…

Ergänzt wird eine Schulung durch praxisnahe Tipps, seien es Empfehlungen für sinnvolle AddOns für den Firefox-Browser zur Entwicklung von Websites, Tipps zur Optimierung des Workflows sowie Checklisten, um wesentliche Punkte vor der Veröffentlichung einer Website zu kontrollieren.

Jeder hat ein Nähkästchen. Vielleicht magst du uns mit der Antwort auf die nächste Frage mal in deines schauen lassen. Wenn interessierte Kunden zu dir kommen und eine Webseite anfragen, was ist deiner Erfahrung nach das, was den meisten am wichtigsten ist?

Damit aus Anfragen Projekte und somit Kunden werden, kann ich aus langjähriger Erfahrung sagen, dass für ein erfolgreiches Projekt ein solides Konzept ein guter Start ist.
Anfragen lassen sich – meist – unterscheiden, ob eine intensivere Zusammenarbeit und ein gemeinsames Erarbeiten einer stimmigen Internetpräsenz die Ziele sind, oder ob es schlicht um Vergleichsangebote geht, und damit letztendlich der Preis für den Anfragenden entscheidend ist.

Je nachdem, wie sorgfältig eine Anfrage vorab recherchiert wurde, ist diese entsprechend schon präzise formuliert und im besten Fall besteht ein Pflichtenheft für die gewünschte Umsetzung.
Am wichtigsten sind in der Regel Budget- und Zeitrahmen für die Umsetzung sowie der Wunsch, später alles selbst machen zu können. In der Praxis hat sich gezeigt, dass gerade der letzte Punkt, die Website eigenständig zu pflegen, an Zeit- oder Wissensmangel vernachlässigt oder dann beauftragt wird. Je nach Firmengröße und Projektumfang sind am Anfang einer möglichen Zusammenarbeit auch Fragen nach dem beruflichen Hintergrund, dem Fachwissen – also den nachweisbaren Kompetenzen gefragt.

Eine Webseite ist ein Medium, welches viele Möglichkeiten bietet Informationen optimal zu präsentieren. Welche Rolle spielt deiner Meinung nach das Design?

„Man kann nicht nicht kommunizieren!“ (Paul Watzlawick)

Wenn man sich dieser Tatsache bewusst ist, dann ist Design für die Wahrnehmung von Inhalten auf einer Website maßgeblich. Der Begriff des Design ist in Relation zum aktiven Umfeld zu definieren. Für viele ist das Design die Optik, das visuelle Erscheinungsbild, also auch dem Geschmack und dem gelernten Sehen und Bewerten des Betrachters unterworfen.
Meines Erachtens greift Design wesentlich weiter.

Es gibt neben dem visuellen Erscheinungsbild Orientierung und vermittelt auch nonverbale Aspekte der Wahrnehmung und damit einer Akzeptanz beim Betrachter / Besucher einer Website.
Design bedeutet im besten Fall nicht nur Form, Farben und Proportionen, sondern gleichfalls auch Struktur und Orientierung. Es transportiert eine Haltung. Design sollte aus dem „Inneren“ entstehen.
Wie schaffe ich es, Aufmerksamkeit zu erzeugen, ohne mit „Blaskapellen“ und „flimmerndem Gezappel“ den Benutzer auf Inhalte aufmerksam zu machen?
Design muss zum Unternehmen passen. Und umgekehrt.

Man erkennt, ob ein Design passend gemacht wurde oder ob das, was gezeigt und präsentiert wird, eine Entwicklung hatte – und hat.
Folgt das Design einer Haltung, dann wird man nicht Trends hinterher jagen müssen und das Design muss nicht als „Lückenbüßer“ für ein mangelndes Konzept herhalten. Oder ein nicht vorhandenes oder schlecht umgesetztes kaschieren.

Letztendlich ist es, so würde ich es nennen, die Idee dessen, was ein Unternehmen kommunizieren möchte und wie man im Webdesign auch nonverbale Kanäle nutzt um über das Kognitive hinaus den Besuchern auch auf der Gefühlsebene Signale zu schicken. Manche Kunden wissen sehr zielstrebig wie Sie sich präsentieren möchten, anderen muss man helfen und erst noch eine Idee finden oder eine Idee entwickeln. Was tust du, wenn du mal keinen Aufhänger hast, wenn dir so gar nichts einfallen will und die Idee fehlt. Wie findest du trotz Zeitdruck trotzdem ein stimmiges Design?

Abschalten, etwas anderes machen. Den Gedanken wieder mehr Raum geben – auch dann, wenn es gefühlt genau das Verkehrte zu sein scheint.
Es ist wie mit der Fotografie: Zu nah dran ermöglicht keinen Fokus mehr.

Oft gibt das Thema, das Produkt oder eine Dienstleistung schon eine Richtung vor, so dass ich dann gerne Assoziationen dazu bilde – auf sprachlicher Ebene. Stichworte aufschreiben, die einem zum Thema einfallen. Und nicht bewerten, nur notieren. Die Bewertung folgt später. Auch eine Einschränkung der Möglichkeiten – das Setzen von Rahmenbedingungen – gibt neue Ansätze für eine Umsetzung frei.
Und wenn ein Designkonzept einmal den geplanten Zeitrahmen sprengt, dann kommuniziert man dies klar und direkt. Gestaltungsprozesse kann man steuern und planen, aber sollte sie nie erzwingen wollen. Nicht zuletzt hängt der Erfolg eines Designentwurfs auch vom Kunden ab; der offen ist für Gestaltungsvorschläge, der sich mit seinem Feedback konstruktiv einbringt und sich zu einem guten, gemeinsamen Ergebnis aktiv mit einbringt.

Es gäbe sicherlich noch eine Reihe von löchernden Fragen, die man hier stellen könnte. Ich meine jedoch die wesentlichsten Punkte angestubbst zu haben und würde die Kommentarfunktion einfach mal offen lassen für diejenigen, die vielleicht nochmal tiefer nachhaken möchten.
Ich danke dir, lieber Thomas, für deine Auskunftsbereitschaft, die informativen Antworten und überhaupt, dass du hier mitgemacht hast.


foto: istockphoto.com

1 Gedanke zu „Think Contao – Ein Interview mit Thomas Weitzel“

  1. Freut mich, dass Thomas hier ein Interview gegeben hat. Seine sympathische Hilfsbereitschaft und sein umfangreiches Know-How zum Thema Contao bestätige ich hier gerne. Thomas hat mich schon das ein oder andere mal unterstützt und ich fand die Zusammenarbeit immer klasse!

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