Prototyping – meine Erfahrungen mit Adobe Muse

In letzter Zeit habe ich mich, das muss ich gestehen, immer mehr davon verabschiedet noch groß angelegte Prototypes zu erstellen. Der Aufwand war mir, gemessen am eher fragwürdigen Ergebnis, einfach zu hoch. Also habe ich zugesehen, dass ich, mit einer Testinstallation, möglichst schnell unter realen Bedingungen arbeiten kann.

Das hat sich bei einem gerade aktuellem Projekt geändert, weil ich mit Adobe Muse schon vor einem Jahr sympathisiert hatte und schon damals dachte, dass das noch was werden könnte, wenn es sich so rasant weiterentwickelt. Inzwischen hat sich eine Menge getan und ich habe mit Muse vor ein paar Tagen meine ersten Prototypes erstellt. Über meine Erfahrungen dazu berichte ich in diesem Beitrag.

Was ich bisher verwendet habe um Prototypes herzustellen

Corel Draw – ein für mich immer noch sehr gutes und intuitiv bedienbares Vektorprogramm
Fireworks – punktet durch die umfangreiche Bibliothek von Design-Elementen
Photoshop – nicht wirklich
Axure – gut gemacht, aber manchmal etwas umständlich in der Bedienung
InDesign – kaum zu glauben, aber geht auch

Alle diese Tools können aber z.B. nicht zeigen was ein Slider tut, wenn er slidet oder einen Parallax-Effekt darstellen.

Adobe Muse ist mehr als nur ein Prototyping-Tool

Mit Muse lassen sich echte Webseite erstellen, html5 valide (!!) und damit ist Muse mehr als nur ein Prototyping Tool. Es ist im Grunde ein riesengroßer WYSIWYG Editor, mit dem sich vollwertige Webseiten erstellen lassen ohne auch nur einmal im Code oder im CSS arbeiten zu müssen.

Adobe Muse lernen

Inzwischen ist der Umgang mit dem Programm sehr gut dokumentiert. Es gibt Adobe TV, die umfangreiche online-Hilfe und darüberhinaus viele tolle Video-Anleitungen bei youtube. Man findet zu jedem Problem relativ schnell eine Lösung.

Master & Slave

In Muse legt man Seiten in einer Art Flussdiagramm an und hat so auch optisch immer einen guten Überblick über die Hierarchie und die Verknüpfungen der Seiten untereinander. Das was bei z.B. Contao Seitenvorlagen sind, sind in Muse Masterseiten, ähnlich wie bei z.B. Powerpoint auch. Auf den Masterseiten werden die Elemente eingefügt, die jede Seite verwendet.

Templates & Widgets

Das Tolle an Muse ist, dass es inzwischen sehr viele und auch gestalterisch sehr ansprechend gemacht Templates gibt, die alle nicht die Welt kosten. Es lohnt sich ein gutes Template zu kaufen und daran zu lernen wie z.B. ein Slider eingebaut wird oder eine schöne Bildergalerie. Darüberhinaus gibt es auch viele Widgets, die es z.B. ermöglichen selbst gehostete Webfonts einzusetzen.

Einarbeitungszeit

Die Lernkurve ist moderat, da kommt einem das Programm schon sehr entgegen. Ich habe knappe 3 Tage gebraucht um eine onepage-Webseite (mit 3 Varianten) zu erstellen. Zum Einsatz kamen dabei Navigationselemente, Parallax, ein Slider und eine interaktive Galerie. Einschränkend muss ich allerdings sagen, dass ich in Sachen Webdesign ein einigermaßen erfahrener Anwender bin. Von meiner jetzigen Warte aus kann ich mir nicht gut vorstellen, wieviel Zeit ein Anwender brauchen würde, um sich einzuarbeiten, der keinerlei Vorerfahrungen hat. Das dürfte an manchen Stellen heikel werden.

Mobil und Responsive

Mit Muse ist es möglich für die Nutzung mit mobilen Endgeräten an die Breite angepasste Layouts zur Verfügung zu stellen. Das sind dann mobile Ausfertigungen der Webseiten, aber das ist nicht responsive. Letzeres kann Muse derzeit noch nicht, jedenfalls nicht wirklich. Es gibt zwar inzwischen Templates, die sich responsive nennen und die auch Elemente fluid gestalten, aber das ist, so weit ich das richtig beobachtet habe, bisher nur  mit ein paar Tricks und Workarounds möglich. Wer es besser weiß, darf mich an dieser Stelle gern korrigieren. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass sich in dieser Richtung ganz sicher noch etwas tun wird.

Export in html

Die Source Datei des Programms ist eine Datei mit der Endung .muse. Diese kann vom Programm in eine reine html-Seite exportiert werden. Das Ergebnis lässt sich in Nullkommanix auf jedem Server via FTP hochladen und dann als Prototype betrachten.

Hasenfüsse

Wünschenswert wäre, wenn man das von Muse geschriebene CSS direkt in ein CMS weiterverwenden könnte. Jedenfalls gibt es Fundstellen im Netz, bei denen Adobe auf Knien gebeten wird, ein in Muse erstelltes Design in WordPress umsetzen zu können. Öhm —  nun ja, ich kann mich irren, aber wer immer sich so etwas wünscht, diesbezüglich sehe ich keinen Weg und glaube auch nicht, dass da was kommen wird. CMS wie WordPress und Contao sind ganz anders aufgebaut als eine mit Muse erstellte Webseite. Aber gut, man hat ja auch schon Pferde … lassen wir das.

Das CSS von Muse verwendet ziemlich kryptisch Klassenbezeichnungen und bevor man herausgefunden hat, was zu wem gehört, setze ich ein Layout händisch 3 mal schneller um. Außerdem : Muse verwendet in den Widgets zwar an vielen Stellen die opensource Bibliothek jquery, aber eben nicht nur. In den Export-Dateien ist auch Adobe proprietäres Javascript enthalten. Da ist hinsichtlich Copyright und der Überführung in andere CMS ganz gewiss Vorsicht geboten.

Für z.B. ein Kontaktformular oder eine Shopfunktion wird eine echte Programmiersprache wie PHP gebraucht. Solche Dinge funktionieren mit Muse aber nur, wenn man die Seite auf Business-Catalyst hochlädt. Der kostenpflichtige Dienst Business Catalyst hostet dann die Seite und stellt die Funktionen zur Verfügung. Das Ganze sieht einfach und vielversprechend aus. U.a. kann man mit BC dann auch einen shop erstellen und es soll auch möglich sein, den Kunden ein Frontend-Editing zur Verfügung stellen zu können. Ob und wenn ja, wie gut das alles funktioniert, dazu kann ich an dieser Stelle aber nichts sagen, weil ich es nicht (noch nicht) ausprobiert habe. Aber so wie ich mich kenne, wird es nicht lange ein Geheimnis bleiben … ;-)

Mein Fazit

Derzeit ist Muse für mich als hochwertiges Prototyping-Tool im Einsatz. Ich bin von den Möglichkeiten begeistert und kann meinen Kunden wirklich ansprechende und realistische Protoypen zeigen. Es macht Spaß mit Muse umzugehen und sich so ganz auf die Gestaltung konzentrieren zu können. Allerdings muss man, wenn man später das Ganze z.B. in Contao umsetzen will, natürlich schon wissen, was man tut und nicht irgendetwas entwerfen, was nachher nur umständlich und viel Aufwand nachzubauen oder sogar neu zu erfinden wäre.

Wenn sich Muse so gut wie bisher weiterentwickelt, stellt es für mich, zumindest im Bereich von kleinen Budgets, eine echte Alternative zu Baukastensystemen dar. Große Webseiten würde ich jedoch, nach wie vor, mit Contao umsetzen.

Als Haken an der Sache empfinde ich den Business-Catalyst. Wie bei den Baukastensystem, so auch bei Muse, gefällt es mir nicht, dass die Seite nicht auf meinem Server gehostet werden kann, zumindest nicht, wenn ich ein Kontaktformular oder andere Dinge, die PHP benötigen, brauche. Wünschenswert wäre es aus meiner Sicht ein erweitertes Geschäftsmodell in der Form, dass man den Business-Catalyst-Paket kaufen oder mieten und auf dem eigenen Server isntallieren könnte. Mit BC entsteht sonst für Kunden eine Abhängigkeit zu einem weit, weit entfernten Hoster. Wer weiß, was mit einer Seite passiert, wenn ein Kunde z.B. den Anbieter wechseln möchte?  Alle neu macht der Mai? Mit proprietären Lösungen sind schon andere vor die Wand gefahren.

 

 

 

 

 

7 Gedanken zu „Prototyping – meine Erfahrungen mit Adobe Muse“

  1. Hallo!
    Danke für den schönen Beitrag!
    2 Sachen würden mich interessieren. Auf Adobe (Muse Updates) steht, dass Kontaktformulare und auch die Bearbeitung direkt über den Browser nun auch auf anderen Hosts funktionieren würde…also ohne das man Business-Catalyst nutzt.
    Stimmt das etwa doch nicht?
    VG
    Tom

  2. Hey,
    wollte nur ergänzen, dass erstellte Muse-Seiten sich auf anderen Servern hosten lassen und es funktionieren auch alle PHP-Scripte problemlos. Das ist aber schon seit langem so.:)
    Für Webseiten mit kleinem Budget baue ich mit Muse gerne Seiten die so direkt in den Einsatz kommen und selbst Google Tests und SEO haben bisher super im grünen Bereich auf meine Seiten reagiert. Also, wenn man es gut macht ist das eine super alternative zu anderen Programmen oder selbst schreiben, kommt aber auf das Projekt an.:)

  3. Hey ich hätte da mal ne Frage. Wie kann ich meine Seite veröffentlichen ohne das da am ende business.catalyst.com steht? Ist das überhaupt möglich ? Ich bin ein totaler Anfänger was das Webdesign betrifft, möchte es aber trotzdem einmal versuchen. Wäre nett wenn du mir kurz antworten könntest.

    Liebe Grüsse

  4. Hallo,
    ich habe bisher einige contao-seiten erstellt und finde muse sehr interessant.
    Habt ihr das mittlerweile schon getestet mit dem conmunicator?
    Hätte Interesse an euren Erfahrungen.

    Viele Grüße
    Karin

  5. @Kirsten >>> Wer dort (Deine Link) gleich 2x „comming soon“ schreibt den kann ich nicht ernst nehmen…

    Das Prototype erstellen hmm…. woher willst Du wissen, dass alles was Du in Muse zusammenklickst tatsächlich in WP umzusetzen geht und im Endeffekt kannst Du den Kunden auch einen statischen Screenshot zeigen und dazu im Web ein dynamisches Beispiel wie das live aussehen würde oder umgedreht. Ich finde das ist ein viel zu großer Aufwand und entweder man baut damit fertige HTML-Seiten oder lässt es… Ich denke Muse hat keine Zukunft solange man da nicht unabhängige PHP Pages erstellen kann bzw. eben gerade diese wichtigen Funktionen für Formulare. Wir haben einen anderen Weg gefunden. Wir recherchieren für den Kunden Themes als Basis Framework und das setzen wir dann ein. Freilich muss der Kunde darüber aufgeklärt werden, was ein Framework, die Umsetzung und Erweiterung mit Plugins bedeutet. Mit Themes als Basis zu arbeiten und darauf ein Kundenprojekt umzusetzen ist keine Schande. Es bleibt genügend übrig um deinen Stempel aufzudrücken und Individualität zu erreichen. Aber jeder wie er möchte :-)

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