Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Anlass für dieses Posting ist ein Artikel über die Verwendung von Bildern in der Medienlandschaft vom Designtagebuch. Es zeigt die schwarze Hand im Schritt einer Frau im Zusammenhang mit den Übergriffen in Köln an Silvester, welches in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde. Ich muss dieses Bild sicherlich gar nicht posten, jeder wird wissen, was gemeint ist.

Das Designtagebuch titelt dazu : Auf Armlänge: Wie Bilder die Aufregungskultur befeuern

„Eine von Microsoft durchgeführte Studie belegt, dass die Aufmerksamkeitsspanne von Menschen aufgrund zunehmender Nutzung digitaler Angebote mittlerweile geringer ist als die eines Goldfischs. Anstatt sich mit den Hintergründen zu beschäftigen, genügt oftmals ein kurzer Kommentar, um den eigenen ersten Eindruck bestätigt zu sehen. Die Möglichkeit, dass man auf Grundlage einer verkürzten Aussage womöglich die falschen Schlussfolgerungen zieht, wird beim Wetteifern um den kreativsten Tweet allzu oft übersehen.“ (Designtagebuch)

Bei FB und auch anderswo beobachte ich, dass oft irgendwelche Ausschnitte von irgendwas gepostet werden, ohne dass derjenige, der einen Beitrag teilt, irgendein, von mir aus auch nur ein kurzes, Statement dazu verfassen würde. So es um catcontent geht, ist das meinetwegen in Ordnung, aber wie ist das bei Themen mit tieferem Inhalt?

Soll dann heißen was? Ich bin einverstanden? Dem möchte ich beipflichten? Das sehe ich auch so? Guck mal an? Oder steckt nicht doch kaum hörbarer Wunsch nach Bestätigung dahinter?
Frei nach dem Motto von Paul Watzlawick:

Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, bevor ich die Antwort meines Gegenübers gehört habe …

Es wird munter vor sich hingepostet, eine Auseinandersetzung und Austausch von Sichtweisen, Argumenten, Zweifeln, Haltungen … Fehlanzeige. Kurz, kürzer, am kürzesten, mit irgendwas muss die Timeline ja befüllt werden. So bleibt jeder in seiner eigenen – und mitunter höchst komfortablen – Vorstellungswelt gefangen.
Wir lesen und lesen abertausende von bruchstückhaften Texten, aber begreifen wir auch noch was? Hinterfragen wir die Dinge? Machen wir uns noch einen Kopf?

Wenn man sich mal Briefe aus früheren Jahrhunderten anschaut, wie viel an gepflegter Konversation in diesen Schriftstücken steckt, wie viel sich Menschen voneinander mitteilten, dagegen sind wir heute irgendwie nur Hunde, die an jeder Ecke das Beinchen heben und mit einem Kurzkommentar mal schnell eine kleine Duftmarke hinterlassen. Time is money. Es ist verrückt, denn im Verglelich zu früher, waren die Möglichkeiten nie so leicht mit anderen ins Gespräch zu kommen wie heute. Je mehr es jedoch werden, desto flacher wird es.

Weniger ist mehr, das sage ich ja auch immer. Leider ist es in diesem Fall nur ein Mehr an Aufregung, an Verfestigung von Vorurteilen und einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft.

 

2 Gedanken zu „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“

  1. Jutta, du sprichst mir aus dem Herzen! Ich finde es erschreckend, was momentan auf Facebook abgeht. Wie unreflektiert Leute – gerade auch aus dem Bekanntenkreis – Meldungen zitieren, die ganz offensichtlich falsch sind und Stimmung verbreiten sollen. Noch erschreckender finde ich, dass diese Leute, wenn man sie auf diese Falschbehauptungen hinweist, diese Fakten für irrelevant betrachten. Ganz beliebt z.B. die Aussage, in Deutschland hätten wir eine homogene Wertevorstellung. Diese Homogenität habe in den letzten Jahren echt oft nicht gesehen, muss mir komplett entgangen sein (Homoehe, Abtreibung, Familienwerte, Gleichberechtigung, gewaltlose Kindererziehung, man kann beliebig weiter machen).

    Aber eine Diskussion kommt mit diesen Leuten nicht auf, im Gegenteil. Anstatt sachlich nach realisierbaren Lösungen für die Probleme zu suchen, kommen Beschuldigungen in alle Richtungen. Gerade auch die Errungenschaften des Rechtsstaates werden da schnell einfach mal so über den Haufen geworfen (z.B. Ausweisung von verdächtigen Asylanten ohne Verfahren – dass eine Ausweisung rein gar nichts ändern wird, ist den Leuten natürlich gar nicht bewusst).

    • Hallo Mathias,

      Danke für deinen Beitrag. Die ganze Problematik ist, wie man so schön sagt, “ in der Mitte der Gesellschaft “ angekommen. Leider zeigt sich, dass auch hier nicht viel besser mit der Problematik umgegangen wird, als bei denen, von deren Verhalten wir uns distanzieren (möchten). Letztendlich geht es scheinbar niemandem um Lösungen, sondern um’s Anprangern und Rechthaben, so mein Eindruck.

      Deutschland, das Land der Dichter und Denker. Zumindest im Dichten, sind wir immer noch gut.

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